Etwas über Elsbeth
Es mag auffallen, dass jetzt nur noch von Erich die Rede ist
und nur noch seine Arbeiten zu sehen sind.
Auch Zeichnungen und Aquarelle wird es von Elsbeth
nun nicht mehr geben - sie konnte es nicht mehr!
Ihre Sehschwäche schritt rapide voran, ich erinnere mich,
dass sie um 1970-75 herum auf einen Auge noch 10%,
auf dem anderen nur noch 5% Sehkraft hatte.
Sie versuchte immer noch zu arbeiten,
ich sehe sie noch vor mir, wie sie mit Brille plus
starker Kopf-Lupe versuchte zu emaillieren.
Sie arbeitete mehr nach Gefühl und teils half ich ihr dabei,
indem ich die nummerierten Emailgläser in gewünschter Reihenfolge
heraus stellte bzw. ihr Farb-Nummern beschrieb, die sie vergessen
hatte.
Teils siebte ich Email auf oder half ihr beim Brennen
(da muss man in den glühenden Ofen schauen und den Fortgang
der Schmelze beobachten - es darf nicht zu heiss werden,
sonst könnte unterlegtes Silber verbrennen)
und sie stellte noch einige Stücke fertig.
Zeigte mir, wie das Kupfer mit dem Lötkolben geglüht wurde...
und dann ging ich mit der noch heissen Schale in der Zange über
den Flur in die Küche, um sie dort ins kalte Wasser des Ausgusses zu werfen, bis der Zunder absprang...
Ja, wir versuchten noch Einiges gemeinsam, ich war damals 12-16.
Aber sie sah dann ein, dass mein Ungeschick nicht zum gewünschten
Erfolg
führte und dass sie selbst es nicht mehr konnte.
Erich besorgte ihr einen Webrahmen und zog ihr immer die Kettfäden
auf.
Wir brachten ihr ausrangierte Kleidung und Stoffe, die schnitt sie
in Streifen,
nach Gefühl und nähte sie zusammen.
Dazu hatte sie ein grosses Kissen voller Nadeln, die fädelte ich ihr
immer ein,
dann brauchte sie sie nur noch zu nehmen.
Auch die Farben der Stoffe beschrieb ich ihr ganz genau,
also nicht nur einfach "das ist grün..."
und sie bog sich die Begriffe aus Draht zurecht und legte diese in
die Vorratstüten.
So schuf sie, völlig blind, noch jede Menge gewebte Bilder.
Leider sind diese nicht mehr erhalten - ich kann mich aber erinnern,
dass noch welche davon sogar ausgestellt wurden und sich durchaus
messen
liessen mit den Arbeiten anderer Kunsthandwerkerinnen.
(mit Herta Loops)
Elsbeth war nie ohne Beschäftigung, das war für sie nicht
vorstellbar.
Sie kochte auch noch jahrelang das Mittagessen, Erich schälte die
Kartoffeln etc.
Einkaufen gingen sie gemeinsam. Wie überhaupt alle Wege.
Sie fuhren weiterhin gern zu den Zusammenkünften
im Künstlerverband, bekamen öfter Besuch, führten Gespräche.
Dazu fertigte er ihr eine Schreibtafel an, die ständig im Einsatz
war -
auch Briefe schrieb sie gern.
Ankommende Post hat er ihr vorgelesen und abends immer aus
Büchern.
(ihre Schreibtafel, noch erhalten)
Nach wie vor gingen sie fast täglich spazieren in der Natur, sie
wurde von ihm geführt.
Oft übernahm auch ich das.
Bordsteinkanten und andere Hindernisse mussten dabei rechtzeitig
angesagt werden,
aber auch die Umgebung wollte sie gern beschrieben haben:
Wie sieht der Himmel heute aus? Was blühen da für Blumen? Ist das
Gras noch grün im November...
Wir gingen gern ins Christianental zum Wildtiergehege.
Wandelten von einem Käfig zum anderen und ich beschrieb ihr, was da
geschieht,
wie die Tiere aussehn - früher hatte sie so gerne im Zoo gezeichnet.
(1980, von mir fotografiert)
Bis auf ihr letztes Lebensjahr, ohne Erich und mit zunehmender Demenz,
hat sie nie ihren Lebensmut und ihre Anteilnahme an allen und allem verloren.
Der mir so oft nachgesagte gute Farbensinn
ist wohl auch mit durch ihr "Training" geschult worden.
Ich bin ihr sehr dankbar für all die Liebe, die sie mir als Kind geschenkt hat.
Erst im Nachhinein begreift man solchen Verlust und bedauert,
sich ihr nicht noch intensiver gewidmet zu haben.
Was ich im Nachlass meiner Mutter noch fand, sind mehrere Kartons
voller Emailarbeiten. Diese werde ich alle noch fotografieren
und später hier zeigen - das wird dann sozusagen ihre virtuelle Ausstellung.
Und ich hoffe, es kann auch noch eine reale Ausstellung organisiert werden,
denn diese farblich subtilen Arbeiten in all ihrer Schönheit
kann man im Foto gar nicht weidergeben,
die muss man einfach im Original betrachten!
Ja, also Blogger hat da ja ein Chaos angerichtet, was die sich dabei gedacht haben mit dem neuen Layout , unmöglich !
AntwortenLöschenGerade, bei solcher Arbeit wie du sie machst, ich kann mir gut vorstellen, wie das alles nervt !
Aber es hat sich gelohnt, ich habe deinen Beitrag wieder gerne gelesen und ich finde es wirklich großartig, was du dir für Mühe gibst mit deinen Erinnerungen an die Großeltern, Respekt !
Weiterhin gutes Gelingen wünscht dir
Jutta