Kostümfest



Das könnte um 1950 gewesen sein,
vermutlich ein Kostümfest der Burg Giebichenstein
(der sie auch als selbstständige Kunsthandwerker treu blieben):
Erich Lenné mit seiner Tochter Dari (*1927) in der Mitte.

Mutter erzählte machmal von diesen Motto-Festen und bedauerte es,
später in Wernigerode so gar keine derartigen Aktivitäten mehr zu haben.
Der Karneval, wie er in einer Harzer Kleinstadt gefeiert
 - oder auch nicht gefreiert - wurde...
hatte nichts von der Kreativität und dem Witz von Künstlern
und etwas weniger bürgerlichen geistreichen Menschen.
Darunter hat sie wohl als Jungverheiratete ziemlich gelitten.
Später ist dies alles in unerreichbare Ferne gerückt
und einfach im Alltag untergegangen.
Eine Lebensqualität, die für immer verschollen blieb - 

Ihre Eltern kamen ja erst 1962 als Rentner von Halle nach Wernigerode,
wo sie sich natürlich wieder eine Werkstatt einrichteten
und weiter arbeiteten.
Denn ihre Arbeit war Lebensaufgabe. Für beide.
Ein Leben im wortwörtlichen Ruhestand undenkbar.

Sie hatten immerhin das Glück, hier vor Ort ein paar,
teils noch ältere, geistig/künstlerisch interessierte Menschen
kennen zu lernen und als Kind sah ich oft 3-4 Besucher auf einmal
in der Werkstatt sitzen und gemeinsam zeichnen,
philosophieren  und scherzen.
Vielleicht finde ich davon später noch Fotos (?).

Jedenfalls haben es meine Großeltern doch recht gut verstanden,
auf ihre alten Tage noch am neuen Ort Fuss zu fassen
und sich auch eine gewisse Lebens-Leichtigkeit,
verbunden mit geistig-kulturellen Genüssen
zu schaffen und zu bewahren.

Sie arbeiteten täglich etliche Stunden, aber auch die Kommunikation
mit anderen Menschen, das gemeinsame Spazierengehen,
das Vorlesen und Musizieren hatte immer seinen Platz.
Trotz aller Einschränkungen,
mit denen sie mehr und mehr zu kämpfen hatten:
Omas rapide fortschreitende Sehschwäche und seine Schwerhörigkeit.
Er versuchte trotzdem noch lange, Gitarre zu spielen und hielt
sie sich zum Stimmen direkt vors Ohr und noch später,
völlig taub, versuche er Musik zu fühlen,
indem er seine Hände auf das überlaut aufgedrehte alte
unförmig grosse Holzkastenradio legte...

Bis zuletzt hat er uns Kindern und natürlich auch Oma
regelmässig vorgelesen: diverse grosse und kleinere Literatur
- von Konfuzius bis Liesegang ("Det fiel mir uff") und Reuter.
Er konnte wunderbar vorlesen und das längst nicht nur hochdeutsch!

Schade, dass es davon keine Tonaufzeichnungen gibt!